Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) sieht dringenden politischen Handlungsbedarf zur langfristigen Sicherstellung einer effizienten und qualifizierten Akut- und Notfallversorgung. Um dafür die begrenzten medizinischen Ressourcen in Zukunft zielgerichteter einzusetzen und einer übermäßigen oder falschen Nutzung von Notaufnahmen und Ärztlichen Bereitschaftspraxen entgegenzuwirken, müssen die bestehenden Strukturen weiterentwickelt und gestärkt werden. Dazu gehört neben einer Aufklärung der Öffentlichkeit die vernetzte Steuerung der Patientinnen und Patienten. Für die ohnehin bereits extrem belasteten Praxen fordert die KV RLP eine extrabudgetäre Vergütung von Leistungen in der Akut- und Notfallversorgung.
"Die medizinische Versorgung der Menschen in einem Notfall muss immer oberste Priorität haben. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte behandeln bereits heute eine Vielzahl der ambulanten Notfälle in ihren Praxen. Zur dringend nötigen, grundsätzlichen Stärkung der ambulanten Strukturen gehören auch bessere Rahmenbedingungen in der Notfallversorgung", sagt Dr. Andreas Bartels, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV RLP. Dabei unterstützt die KV RLP einige Kernpunkte aus dem aktuellen Konzeptpapier der Bundesärztekammer (BÄK). "Um die Patientinnen und Patienten bedarfsgerecht in der richtigen Versorgungsebene zu behandeln und die Strukturen nicht unnötig zu belasten, muss die Versorgungssteuerung effektiver werden. Der erste Schritt ist die professionelle, schnelle Ersteinschätzung. Wer danach die akuten Fälle behandelt, muss das über ein gesondertes Budget abrechnen können. Die Behandlung von ambulanten Notfällen ist aktuell nicht kostendeckend und belastet stark die vorhandenen Ressourcen. Was es braucht, sind eine Endbudgetierung und eine Anpassung der Gebührenordnung."
Standardisierte Ersteinschätzung und bedarfsgerechte Steuerung
Mit Blick auf die Patientensteuerung unterstützt die KV RLP den Ansatz der BÄK, eine bundesweit standardisierte Ersteinschätzung vorzunehmen. Dabei müssen aber nach Ansicht der KV RLP beide Nummern, nämlich die 116117 und die 112, klar definierte Zuständigkeiten behalten und nicht über eine gemeinsame Erreichbarkeit laufen. Notfälle über die 112 müssen direkt und ohne Wartezeiten bearbeitet werden. Eine Weiterleitung zur 116117 bei nicht akuten Erkrankungen sowie umgekehrt bei akuten, lebensbedrohlichen Notfällen muss gewährleistet sein. "Mehr Vernetzung ist richtig und wichtig. Die Steuerung muss dabei bedarfsgerecht sein, ohne dass es zu Abstrichen in der Notfallversorgung kommt", betont Dr. Bartels. Justierungsbedarf sieht er auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Falle einer flächendeckenden Einführung von Videosprechstunden. Die KV RLP plädiert mit Blick auf die Situation in den Praxen für die Schaffung von Anreizen und spricht sich klar gegen verpflichtende Vorgaben aus.
Grundsätzlich müssen die Leistungen der ambulanten Notfallversorgung sichtbarer werden. Bereits heute wird ein Großteil der Notfälle im ambulanten Sektor versorgt. Dahinter stehen Praxen, die täglich mit bürokratischen Hindernissen, fehlenden Perspektiven, Personalmangel und Budgetierung kämpfen. Die Bereitstellung weiterer Kapazitäten darf keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen. "Die Notfallversorgung zu reformieren und sie zu optimieren, ist der richtige Ansatz. Aber das funktioniert in der Praxis nur, wenn die ambulanten Strukturen nicht selbst ein Notfall sind", macht Dr. Bartels klar.