Die KV RLP warnt eindringlich vor einem Kollaps des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts (ÄBD), sollte für die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte eine Sozialversicherungspflicht eingeführt werden. Kommt es zu einer solchen Regelung, sind ein drastischer Anstieg der Kosten, ein immenser Verwaltungsaufwand sowie die weiter steigende Überlastung der Notaufnahmen und eine Verschärfung der ohnehin angespannten Personalsituation die Folge, weil Poolärztinnen und -ärzte diese Dienste nicht mehr übernehmen. In der Konsequenz drohen nach Einschätzung der KV RLP besonders im ländlichen Raum zunehmende Versorgungsengpässe und deutlich längere Wartezeiten für Patientinnen und Patienten.
Trotz der absehbaren Verschlechterung der Versorgungssituation für die Menschen hatte die Bundesregierung zuletzt eine Forderung des Bundesrats abgelehnt, Vertrags- und Poolärztinnen sowie -ärzte im ÄBD aus der Sozialversicherungspflicht zu nehmen. Eine folgenschwere Position, denn diese Gruppe leistet über eine Kooperationsvereinbarung einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung des ÄBD. In Rheinland-Pfalz ist das mehr als jede vierte Ärztin bzw. mehr als jeder vierte Arzt. Müsste diese Gruppe demnächst zusätzlich zu den privaten Kranken- und Rentenversicherungsbeiträgen auch Beiträge in die gesetzliche Sozialversicherung einzahlen, würden die Dienste finanziell unattraktiv. Dazu wirken die absehbaren bürokratischen Mehrbelastungen für viele Poolärztinnen und -ärzte einer Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst entgegen.
"Kommt die Sozialversicherungspflicht, müssten diese Ärztinnen und Ärzte bei der KV RLP angestellt werden und hätten Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das wäre nicht nur verwaltungstechnisch kaum zu bewältigen, es würde auch den bisherigen Finanzrahmen der KV RLP sprengen. Aufgrund ihres Status als Angestellte verlieren sie dann außerdem ihre Freiberuflichkeit und die KV RLP als Arbeitgeberin muss ihnen arbeitszeitrechtliche Vorgaben machen", erläutert der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz. Bereits jetzt ist der ÄBD hochdefizitär. Nach internen Berechnungen der KV RLP kämen im Fall einer Sozialversicherungspflicht Mehrkosten in Höhe von mindestens rund 3,1 Millionen Euro auf die ambulante Versorgung zu, im ungünstigsten Fall sogar 5,5 Millionen Euro. Dabei sind Zusatzkosten der Verwaltung und der ärztlichen Leitungen noch nicht eingerechnet.
Drastische Konsequenzen dürfte eine Sozialversicherungspflicht auch für die über 65-Jährigen haben, die sich engagieren, obwohl sie laut der Bereitschaftsdienstordnung eigentlich davon befreit sind. Fällt die bisherige Regelung weg, könnten viele dieser Ärztinnen und Ärzte auf eine Zulassung verzichten. "Wir müssen davon ausgehen, dass zahlreiche der über 400 im ÄBD aktiven Poolärztinnen und -ärzte nicht mehr für den ÄBD zur Verfügung stehen. Die von ihnen im vergangenen Jahr geleisteten über 17.000 der insgesamt rund 30.000 Dienste werden unsere vertragsärztlichen Mitglieder unmöglich vollständig kompensieren können. An einer Schließung von Ärztlichen Bereitschaftspraxen und an einer Reduzierung der Versorgung führt dann kein Weg mehr vorbei. Die Patientinnen und Patienten werden die Versorgungsengpässe ausbaden müssen. Sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch das Bundesarbeitsministerium stehen daher in der Verantwortung, umgehend die Reißleine zu ziehen", appelliert Dr. Heinz an die politisch Verantwortlichen.
Im Fall einer Sozialversicherungspflicht im ÄBD müssten darüber hinaus die etablierten, funktionierenden Strukturen abgebaut werden und die Ärztinnen und Ärzte wieder in ihren eigenen Praxen den Versorgungspflichten nachkommen. Flächendeckende Strukturen des ÄBD brechen damit weg. Ohne regionale Ärztliche Bereitschaftspraxen werden die überlasteten Notaufnahmen und der Rettungsdienst wesentlich mehr beansprucht. "Damit werden die in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren erfolgreich eingeführten Reformen im ÄBD konterkariert. Eine fatales Signal und eine kontraproduktive Entwicklung für die Zukunft, denn der ärztliche Nachwuchs wird unter diesen Bedingungen von einer Niederlassung abgeschreckt", prognostiziert der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Andreas Bartels.
Rheinland-Pfalz steuert wie ganz Deutschland auf einen Ärztemangel zu, der in einigen ländlichen Regionen längst spürbar ist und sich durch eine Sozialversicherungspflicht weiter verschärft. "Bei einer Beitragspflicht für den ÄBD würden wir unnötig den Verlust vieler Ärztinnen und Ärzte riskieren, dabei gibt die Versorgungssituation schon jetzt genügend Anlass zur Sorge. Die Bundesregierung sollte daher die Bundesratsinitiative annehmen und Ärztinnen und Ärzte im ÄBD genauso behandeln wie die Notärztinnen und Notärzte und sie in gewissem Rahmen von der Sozialversicherungspflicht befreien", fordert Dr. Bartels.