Vor einem Eingriff müssen Patientinnen und Patienten rechtzeitig von der operierenden Ärztin bzw. vom operierenden Arzt aufgeklärt werden, um sich für oder gegen diesen zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass zwischen der Aufklärung und der Einwilligung kein bestimmter Zeitraum liegen muss.
Zu welchem konkreten Zeitpunkt sich eine Patientin oder ein Patient nach der ordnungsgemäßen Aufklärung für eine OP entscheide, sei ihre bzw. seine Sache. Somit kann die zu behandelnde Person einer OP auch sofort zustimmen. Wünscht diese noch eine Bedenkzeit, könne erwartet werden, dass dies gegenüber der Ärztin oder dem Arzt zum Ausdruck gebracht werde.
Wie der BGH in seiner Urteilsbegründung weiter ausführt, sehe das Gesetz auch keine Sperrfrist vor, die vor der Einwilligung einzuhalten sei oder deren Nichteinhaltung die Einwilligung unwirksam machen würde. Nach der bisherigen Rechtsprechung müsse die Patientin bzw. der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff lediglich rechtzeitig aufgeklärt werden, um die für oder gegen den Eingriff sprechenden Gründe hinreichen abzuwägen. Dabei muss sie oder er im vollen Besitz seiner Erkenntnis- und Entscheidungsfreiheit sein und darf nicht unter dem Einfluss von Medikamenten stehen. Ebenso darf die zu operierende Person nicht unter einen unzumutbaren psychischen Druck aufgrund bereits getroffener Operationsvorbereitungen geraten.
Einwilligung in eine OP nicht an bestimmte Form gebunden
In dem verhandelten Fall hatte ein Mann aus Bremen wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung geklagt. Er litt an chronisch rezidivierenden Ohrentzündungen und Paukenergüssen und wurde von dem behandelnden HNO-Facharzt im Hinblick auf eine mögliche Ohroperation in die HNO-Klinik diese Arztes überwiesen. Nach der Aufklärung über die Risiken und der unterzeichneten Einwilligung wurde der Patient drei Tage später stationär aufgenommen und der Eingriff vollzogen. Dieser erste Eingriff führte zu einer Verletzung der vorderen Hirnschlagader und zu einer Durchtrennung des Riechnervs links. Daraufhin wurde der Kläger umfassend stationär und ambulant behandelt. Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hatte dem Mann Schadensersatz zugesprochen.
In dem Revisionsverfahren kam der BGH zu dem Schluss, die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff sei nicht an eine bestimmte Form gebunden. Diese Einwilligung könne ausdrücklich erfolgen oder sich konkludent aus den Umständen ergeben.
Das OLG muss nun noch prüfen, ob möglicherweise ein Behandlungsfehler vorlag. Mit dieser Frage hatte es sich bisher nicht befasst.