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Arzneimittel

Übersicht

Die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) konkretisiert im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen sowie enteraler Ernährung. Die Vorgaben der AM-RL einschließlich ihrer Anlagen sind für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen und Versicherte gleichermaßen verbindlich.

Relevante Anlagen

Die Anlagen der Arzneimittel-Richtlinie werden fortlaufend aktualisiert und sollten daher regelmäßig eingesehen werden.

Anlage I

verordnungsfähige Ausnahmen von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen:

Anlage III

Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse von ausgewählten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sowie Hinweise zur Wirtschaftlichkeit von entsprechenden, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln:

Anlage IV

Therapiehinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise:

Anlage V
Anlage Va
Anlage VI

Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten:  verordnungsfähige Ausnahmen, Verordnungsausschlüsse

Anlage VII
Anlage VIIa
Biologika - Biosimilars

Die Anlage VIIa zur AM-RL bietet eine tabellarische Übersicht von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln, sofern mindestens ein Biosimilar bzw. mehr als ein Originalarzneimittel am Markt verfügbar ist. Diese Darstellung hat derzeit einen informativen Charakter und soll bei der möglichen Therapieauswahl helfen.

Anlage XII
Frühe Nutzenbewertung

Seit Inkrafttreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) werden durch den G-BA neue Arzneistoffe einer frühen Nutzenbewertung unterzogen. Weiterhin kann der G-BA für bereits zugelassene und im Verkehr befindliche Arzneimittel eine Nutzenbewertung veranlassen:

Klassifikation

Die Bewertung des Zusatznutzens von Arzneimitteln erfolgt nach folgender Klassifikation:

  • Zusatznutzen: erheblich | beträchtlich | gering | nicht quantifizierbar
  • kein Zusatznutzen belegt
  • geringerer Nutzen als die zweckmäßige Vergleichstherapie
Zusatznutzen

Das Ausmaß des festgestellten Zusatznutzens beeinflusst den Erstattungspreis eines Arzneimittels.

Bei festgestelltem Zusatznutzen durch den G-BA verhandeln GKV-Spitzenverband und pharmazeutische Herstellerfirma einen entsprechenden Erstattungsbetrag. Darüber hinaus können Verordnungen von Arzneimitteln mit Zusatznutzen als Praxisbesonderheiten vereinbart werden.

Auflistung der vereinbarten Praxisbesonderheiten

Stellt der G-BA keinen Zusatznutzen fest, wird das Medikament einer Festbetragsgruppe zugeordnet oder ein Erstattungsbetrag auf der Basis der Vergleichstherapie-Kosten festgelegt.

Häufige Fragen

Patientinnen und Patienten, die dauerhaft mindestens drei verordnete, systemisch wirkende Medikamente gleichzeitig anwenden, haben einen Anspruch auf die Erstellung, Aktualisierung und Aushändigung eines bundeseinheitlichen Medikationsplans in Papierform. Darüber hinaus besteht auch der Anspruch auf die Erstellung eines elektronischen Medikationsplans, der auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert wird. 

Der einheitlich standardisierte Medikationsplan soll alle wichtigen Informationen zu Art und Anwendung aller verschreibungspflichtigen Medikamente einer Patientin bzw. eines Patienten enthalten. Hierfür sollten Verordnungen aller Ärztinnen und Ärzte einer Patientin oder eines Patienten sowie die Selbstmedikation erfasst werden. Der Medikationsplan wird von den Ärztinnen oder Ärzten erstellt und aktualisiert, welche die Medikation koordinieren – dies sind in der Regel die Hausärztinnen oder Hausärzte. Zur Aktualisierung des elektronischen Medikationsplans sind auch die mitbehandelnde Fachärztinnen oder Fachärzte und die Apotheke verpflichtet, sofern ihnen die Einwilligung der Versicherten oder des Versicherten vorliegt.

Mehr zum Thema

Derzeit sind immer noch einige fiktiv zugelassene Arzneimittel im Handel und verkehrsfähig. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2005 sind die Krankenkassen nicht verpflichtet, die Kosten für fiktiv zugelassene Arzneimittel zu übernehmen. Daher können Krankenkassen bei Verordnung von fiktiv zugelassenen Arzneimitteln Regressanträge stellen.

Näheres zum Thema finden Mitglieder auf dem Informationsblatt "Fiktiv zugelassene Arzneimittel".

Für die Verordnung von Therapieallergenen besteht in Anlage 3 zur Arzneimittel-Vereinbarung folgender Verordnungshinweis:

Achten Sie bitte bei der Verordnung von allergenspezifischer Immuntherapie (SIT) auf einen regelhaften Einsatz von zugelassenen Therapieallergenen bei Neueinstellungen unter Berücksichtigung des Anwendungsgebietes, sofern zugelassene Therapieallergene mit gleichem (subkutan beziehungsweise sublingual) Applikationsweg zur Verfügung stehen. 

Auf der Website des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) finden Sie:

  • entsprechende Listen zugelassener Therapieallergene
  • eine Übersicht über Therapieallergene, die sich noch im Zulassungsverfahren nach der Therapieallergeneverordnung (TAV) befinden. Diese sind trotz ausstehender arzneimittelrechtlicher Zulassung nach TAV verkehrsfähig.

Mehr zum Thema

Seit März 2017 können Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung unter bestimmten Voraussetzungen mit Cannabis-Arzneimitteln behandelt werden. Die konkreten Regelungen zur Verstetigung des Versorgungsanspruchs traten am 30. Juni 2023 in Kraft und finden sich in der Arzneimittel-Richtlinie wieder (§4a sowie im Abschnitt N § 44 und 45).

Verordnungsvoraussetzungen

Cannabis-Arzneimittel sind für Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung im Rahmen der GKV verordnungsfähig, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

  • nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach begründeter Einschätzung der Ärztin oder des Arztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des individuellen Krankheitszustandes nicht zur Anwendung kommen kann und
  •  eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Schwerwiegend ist eine Erkrankung dann, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

Als entsprechende Arzneimittel können Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon auf einem Rezept verordnet werden. Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten ist nur verordnungsfähig mit einem THC-Gehalt von mindestens 0,2 Prozent (nach Deutschem Arzneibuch).

Vor einer Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten ist zu prüfen, ob andere cannabishaltige Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind. Die Entscheidung für getrocknete Blüten ist besonders zu begründen.

Die Therapie mit Cannabis-Arzneimitteln ist durch die verordnende Ärztin oder den verordnenden Arzt in den ersten drei Monate nach Beginn der Behandlung engmaschig und anschließend in regelmäßigen Abständen zu beurteilen. Die entsprechende Dokumentation erfolgt in der Patientenakte.

Alle Ärztinnen und Ärzte sind zur Verordnung von Cannabis-Arzneimitteln gemäß den gesetzlichen Regelungen berechtigt – es gibt keinen Facharztvorbehalt.

Genehmigungsvorbehalt

Vor der ersten Verordnung von Cannabis-Arzneimitteln ist eine Genehmigung der Krankenkasse einzuholen. Hierfür ist eine begründete Einschätzung der verordnenden Ärztin oder des verordneten Arztes notwendig. Für diese ärztliche Stellungnahme ist die GOP 01626 nach EBM berechnungsfähig. Als Ausfüllhilfe kann der Arztfragebogen zu Cannabinoiden über die Website des Medizinischen Dienstes Bund genutzt werden. Die Krankenkasse entscheidet zügig über den Antrag (spätestens zwei Wochen nach Antragseingang bzw. vier Wochen bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes). Sie darf die Versorgung nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen.

Eine erneute Genehmigung ist nicht notwendig bei Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder beim Wechsel auf andere getrocknete Blüten oder auf andere Extrakte in standardisierter Form. In allen anderen Fällen ist der Wechsel des Cannabis-Arzneimittels erneut genehmigungspflichtig.

Der Anspruch auf eine genehmigte Cannabis-Therapie besteht auch bei Cannabis-Verordnungen durch eine andere oder einen anderen als die erstverordnende Ärztin oder den erstverordnenden Arzt. Die KV RLP empfiehlt, die erteilte Genehmigung der erstverordnenden Ärztin oder des erstverordnenden Arztes als Kopie in der Patientenakte zu hinterlegen.

Für Verordnungen von Cannabis-Arzneimitteln im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAAPV) und für Anschlussverordnungen für eine während einer stationären Behandlung begonnenen Cannabis-Therapie gilt ebenfalls der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse. Die Prüffrist der Krankenkasse beträgt in diesen Fällen aber nur drei Tage.

Cannabis-Verordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung.

Wurde vor dem 30. Juni 2023 bereits eine Genehmigung für eine Cannabis-Therapie erteilt, so ist diese weiterhin gültig.

Verordnung von Cannabisarzneimitteln

eRezept

Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen sowie Delta-9-Tetrahydrocannabinol einschließlich Dronabinol und Zubereitungen aller vorgenannten Stoffe sind als Cannabis zu medizinischen Zwecken definiert. Unter diese Definition fällt ein Großteil der derzeit verfügbaren Cannabis-Arzneimittel, die somit durch das Medizinal-Cannabisgesetz geregelt werden. Eine Verordnung erfolgt auf eRezept.

BtM-Rezept

Nabilon fällt als synthetisches Cannabinoid nicht unter die Definition von Cannabis zu medizinischen Zwecken und wird durch das Betäubungsmittelgesetz geregelt. Eine Verordnung erfolgt auf BtM-Rezept.

Mehr zum Thema

Gefahr von Arzneimittelmissbrauch bzw. Arzthopping

Bei der Verordnung von Arzneimitteln mit Missbrauchspotential wie beispielsweise Hypnotika, Sedativa, Tranquillantien, Schmerzmittel und Pregabalin überprüfen Sie bitte insbesondere bei unbekannten Patientinnen und Patienten die jeweiligen Angaben bezüglich Indikation und Dosierung kritisch. Als KV RLP wurden uns bereits etliche Fälle mit Verdacht auf Missbrauch gemeldet.

Betäubungsmittel (BtM) dürfen ausschließlich auf den dafür vorgesehenen amtlichen Formblättern verschrieben werden. BtM-Rezepte und -Anforderungsscheine können nur über die Bundesopiumstelle bezogen werden.

Die Rezeptformulare für Betäubungsmittel werden personenbezogen ausgegeben. Sie dürfen nur im Vertretungsfall übertragen werden. Sie können bei ambulanter Behandlung patientenbezogen, für den Sprechstundenbedarf oder im Rahmen des Entlassmanagements ausgestellt werden und sind in einer öffentlichen Apotheke einzulösen.

Die Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln, die die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten dürfen nur auf sogenannten T-Rezepten verschrieben werden.

Alle drei Wirkstoffe sind fruchtschädigend (teratogen); Thalidomid war der Auslöser der Contergan-Katastrophe.

Um zu verhindern, dass es bei solchen Therapien erneut zu Missbildungen bei Neugeborenen kommt, sind besondere Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten.

Ärztinnen und Ärzte, die solche Arzneimittel verschreiben möchten, müssen entsprechende T-Rezeptformulare beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schriftlich anfordern. Diese werden personenbezogen ausgegeben. Nur im Vertretungsfall dürfen die T-Rezepte einer Ärztin oder eines Arztes auch von deren oder dessen Vertretung unterschrieben werden, sofern die Vertretung ebenfalls im T-Register registriert ist.

Präexpositionsprophylaxe gegen COVID-19

Nach der COVID-19-Vorsorgeverordnung haben gesetzlich krankenversicherte Personen auch Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Präexpositionsprophylaxe gegen die Coronavirus-Krankheit-2019,

  • wenn bei ihnen aus medizinischen Gründen kein oder kein ausreichender Immunschutz gegen eine COVID-19-Erkrankung durch eine Schutzimpfung erzielt werden kann oder
  • bei ihnen Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Kontraindikation nicht durchgeführt werden können und sie einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer Erkrankung an der Coronavirus-Krankheit-2019 ausgesetzt sind.

Medizinische Gründe für den ersten genannten Fall können insbesondere angeborene oder erworbene Immundefekte, Grunderkrankungen oder eine maßgebliche Beeinträchtigung der Immunantwort aufgrund einer immunsuppressiven Therapie sein.

Derzeit kommt nur die Wirkstoffkombination aus Tixagevimab und Cilgavimab (Evusheld®) zur Präexpositionsprophylaxe einer COVID-19-Erkrankung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit mindestens 40 Kilogramm Körpergewicht zum Einsatz.

Aufgrund der derzeit verbreiteten SARS-CoV-2-Varianten und der reduzierten beziehungsweise ganz ausbleibender Neutralisationskapazität der Antikörperkombination gegen neuere Sublinien hat die Ständige Impfkommission (STIKO) im Februar 2023 ihre Empfehlung zur Präexpositionsprophylaxe mit Tixagevimab/Cilgavimab weiter eingegrenzt. Diese soll nur noch in begründeten Fällen für bestimmte Hochrisikopersonen in Betracht kommen.

Bei Einsatz der Antikörperkombination als Präexpositionsprophylaxe empfiehlt die STIKO eine Dosierung von 300 Milligramm Tixagevimab und 300 Milligramm Cilgavimab. Das entspricht der doppelten zugelassenen Dosierung von Evusheld® in dieser Indikation und einem formellen Off-Label-Use, was sich wiederum auf die Kassenleistung auswirkt.

Um mögliche Prüfmaßnahmen zu umgehen, rät die KV RLP bei Verordnungen gemäß der genannten STIKO-Empfehlung eine vorherige Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse einzuholen.

Mehr zum Thema

Die KV RLP informiert in Zusammenarbeit mit den Krankenkassenverbänden im Rahmen der Arbeitsgruppe über die wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln. Die aktuell versendeten Hinweisschreiben können Sie hier einsehen.

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